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Das Hirn des Torwarts beim Elfmeter

Meldung vom 11.12.2007 - Erinnern Sie sich an den Spickzettel von Jens Lehmann bei der letzten Fußball-WM? Forscher haben ermittelt: Es hat geholfen, zu lesen, dass Cruz häufig nach rechts schießt und Ayala nach links unten. Die Neurobiologen erklären, wie jeder seine Reaktion verbessern kann – auch ein Affe.

Blitzschnell hechtete Jens Lehmann, Torwart der deutschen Nationalmannschaft bei der Fußball-WM 2006, genau in die richtige Ecke und hielt zwei von vier Elfmeterschüssen der Argentinier auf sein Tor. Argentinien war besiegt, Lehmann ein Star. Welche Rolle hat dabei der Spickzettel gespielt, auf den Lehmann zwischen den Torschüssen immer mal wieder blickte? Hat es geholfen, zu lesen, dass Cruz häufig nach rechts schießt und Ayala nach links unten? Diese Frage versuchen Neurobiologen der Ruhr-Universität um Professor Klaus-Peter Hoffmann zu beantworten. Sie untersuchen den Zusammenhang zwischen Vorhersagbarkeit und der Reaktionszeit bestimmter Bewegungen steuernder Nervenzellen im Gehirn.

Ein Affe blickt auf den springenden Punkt

Wichtige Hirnstruktur für die Verarbeitung von visuellen Informationen und die Steuerung von Bewegungen ist der Colliculus Superior. Er liegt wie ein Hügelchen auf dem Dach des Mittehirns und setzt eingehende Sinneseindrücke in Bewegungen der Augen, des Kopfes, der Arme und des Rumpfs um. Unter anderem werden hier die Blicksprünge (Sakkaden) gesteuert, die wir etwa dreimal pro Sekunde ausführen. Um die Auswirkungen von Vorbereitung auf die Reaktionszeit der Nervenzellen im Colliculus Superior zu untersuchen, trainierten die Forscher einen Rhesusaffen auf ein einfaches Experiment: Er sollte einen kleinen Punkt auf einem Monitor vor ihm mit den Augen fixieren und ihm mit den Augen folgen. Der Punkt wechselte zweimal seine Position: In einer Phase sprang er immer an dieselbe, vorhersagbare Stelle, in einer Phase sprang er an wechselnde, unvorhersagbare Orte.

Reaktionszeit verkürzt sich deutlich

Die Forscher beobachteten während dieses Experiments die Augenbewegungen des Affen und maßen die Aktivität seiner Hirnzellen im Colliculus Superior. Es zeigte sich, dass die Zeitverzögerung, mit der das Auge dem Punkt folgt, bei vorhersagbaren Sprüngen deutlich kürzer war als bei unvorhersagbaren: Sie verkürzte sich von durchschnittlich 223 auf 165 Millisekunden. Wenn der Affe sowohl wusste, wohin, als auch wann der Punkt springen würde, war die Reaktionszeit besonders kurz, und auch die Nervenzellaktivität im Colliculus Superior unterschied sich deutlich von der bei unvorhersagbaren Sprüngen.

Die Vorbereitung durchs Spicken hat Jens Lehmann also tatsächlich helfen können.

Zur Originalnachricht auf welt.de







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