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Neue Medikamente werden schärfer untersucht

Meldung vom 24.01.2008 - Patienten müssen sich wegen geplanter strengerer Regeln für neue, teurere Arzneimittel künftig auf mehr Zuzahlungen einstellen. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen will bei neuen Medikamenten stärker untersuchen, ob sie ihre oft sehr hohen Preise rechtfertigen.

Patienten müssen sich wegen geplanter strengerer Regeln für neue, teurere Arzneimittel künftig vermehrt auf Zuzahlungen einstellen. Betroffene könnten aber voraussichtlich auch die bereits länger angebotenen und günstigeren, aber leicht schlechteren Mittel wählen, sagte Peter Sawicki, Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen. Nur für neue Mittel, die deutlich besser sind, werde die gesetzliche Krankenversicherung künftig wohl die Mehrkosten für neue Therapien voll übernehmen. Das folgt aus einem Vorschlag für künftige Kosten-Nutzen-Bewertungen für Arznei, den Sawickis Institut im Auftrag des Gesetzgebers vorlegte.

Bei Umsetzung des Vorschlags könnten die Hersteller die Preise für neue, nicht deutlich wirksamere Mittel aber auch senken. Dann könnten die Kassen leichter entscheiden, alles zu zahlen. Kritiker der Pharmaindustrie bemängeln seit langem, sie treibe die Arzneikosten zulasten des Beitragszahlers durch scheinbare Innovationen in die Höhe. Die Hersteller führen dagegen unter anderem ihre hohen Forschungsaufwendungen ins Feld. Sawickis Vorschlag dürfte diese Debatte weiter anheizen. Der Ausgang wirkt sich aus auf Arbeitsplätze, Beitragsentwicklung und Therapie-Fortschritte.

Kleiner Fortschritt – kleiner Mehrpeis

Hintergrund der Vorschläge ist die Gesundheitsreform, die dem Institut auftrug, nicht mehr nur den Nutzen einer Therapie, sondern auch die Kosten zu bewerten. Je kleiner der Fortschritt beispielsweise bei einem neuen Mittel gegen eine Krebsart ist, desto kleiner sollen die Mehrkosten für die gesetzlichen Kassen sein. Auf Grundlage der als neutral und transparent geplanten Bewertung des Instituts zu Nutzen und Kosten einer Therapie soll der künftige Spitzenverband Bund der Krankenkassen den Höchstbetrag festlegen, den die Kassen für das Mittel bezahlen. Bieten die Hersteller die Mittel teurer an, müssen die Patienten die Differenz zuzahlen.

Sawicki sagte, die Kosten-Nutzen-Bewertung solle für die Manager der Pharmaindustrie ein Anreiz sein, wirklich Neues gegen bisher unheilbare Leiden zu entwicklen. Dann seien Preissteigerungen auch künftig kein Problem. Die Arzneimittelausgaben der gesetzlichen Krankenkassen stiegen trotz Spargesetzen zwischen Januar und September 2007 weiter um 5,3 Prozent auf rund 21,5 Milliarden Euro an und erhöhten den Druck auf die Beiträge.

Pharmaindustrie tut sich schwer

Die Pharmaindustrie tut sich nach Ansicht von Branchenkennern schwer, echte Innovationen bei den großen Volksleiden auf den Markt zu bringen und damit lukrative Patente zu erhalten. Als weniger lukrativ gelten Innovationen gegen seltene Krankheiten oder eher in Entwicklungsländern verbreitete Leiden.

Prompt und nicht unerwartet kritisierte der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) den Vorschlag scharf. Barbara Sickmüller, Vize-Geschäftsführerin des BPI, warnte, nur jene seltenen Arzneimittel, die auf einen Schlag eklatant besser wirkten, würden noch anerkannt. Andere Mittel, die „hinsichtlich ihrer Wirksamkeit oder weniger Nebenwirkungen“ auch wichtig seien, würden nicht mehr erstattet.

Die Krankenkassen begrüßten ihn vorsichtig "unter Vorbehalt". Für den bei den Kassen zuständigen Bundesverband der Betriebskrankenkassen ist schon viel erreicht, wenn Schein-Innovationen die Kassenbudgets nicht mehr unnötig belasten. Auch künftig müsse die gute Patientenversorgung aber Vorrang haben, sagte Sprecher Florian Lanz.

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