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Gefräßige Läuse bedrohen Wildlachsbestände

Meldung vom 14.12.2007 - Der Feind des Lachses misst gerade mal eineinhalb Zentimeter und wird gemeinhin als Lachslaus bezeichnet. Der Parasit, der sich am lebenden Fisch satt frisst, ist inzwischen zu einer ernsten Bedrohung der kanadischen Wildlachsbestände geworden. Schuld sind die Lachsfarmen.

Den Grizzlybären an der kanadischen Pazifikküste könnte der Hauptlieferant für seinen Winterspeck im Stich lassen. Im Sommer und Herbst fischen die Tiere an den Flüssen der Region so viele nahrhafte Lachse aus den Flüssen, dass sie deutlich größer als die Braunbären in anderen Teilen Nordamerikas werden.

Martin Krkoek von der University of Alberta im kanadischen Edmonton und seine Kollegen aber warnen im Fachmagazin „Science“ aufgrund von Modellrechnungen, dass schon in zehn Jahren ein echter Bärenhunger drohen könnte, weil 99 Prozent der Buckellachse der Art Oncoyrhynchus gorbuscha aus den Flüssen der Region verschwinden könnten.

Verantwortlich für das Verschwinden der Lachse sind kleine, eineinhalb Zentimeter lange Krebstiere der Art Lepeophtheirus salmonis, die gemeinhin als „Lachslaus“ bezeichnet werden. Die Larven dieser Krebse heften sich an die jungen, gerade einmal zehn Zentimeter langen Lachse, wenn diese nach dem Schlüpfen aus den Flüssen zum Meer wandern. Zu dieser Zeit aber sind die älteren Lachse des Vorjahres meist weit draußen im Meer, und nur wenige Larven des Parasiten gefährden die Jungfische in Küstennähe. Weniger als fünf Prozent der Lachse infizieren sich daher normalerweise mit dem Krebsen. Auch wenn vier von fünf Lachsen durch diese Parasiten sterben, die am lebenden Fisch knabbern und dadurch die Infektionsgefahr mit Viren und Bakterien deutlich erhöhen, schadet das der Population kaum, weil mehr als 95 Prozent der Fische nicht infiziert sind.

Das änderte sich aber in den 1970er-Jahren. Damals entstanden in den Flussmündungen vor der kanadischen Pazifikküste die ersten Lachsfarmen. Hier hatten die Parasiten bei den dicht in ihren Käfigen gedrängten Lachsen leichtes Spiel und infizieren oft die gesamte Farm.

Zwar gibt es Gegenmittel gegen solche Infektionen, erklärt Fischfarm-Spezialist Volker Hilge von der Außenstelle der Bundesforschungsanstalt für Fischerei bei Hamburg. So schreibt Irland den Lachszüchtern vor, dass jede Farm drei Standorte haben muss, zwischen denen die Anlage pendelt. In der Zeit ohne Lachse sollten an den Standorten dann die Larven der Lachsläuse absterben und so die Infektionsgefahr minimieren. Hilft das nicht, kann man den Parasiten mit Mitteln wie bestimmten Organophosphaten zu Leibe rücken.

Den wilden Lachsen helfen diese Maßnahmen aber wenig, weil sich ihr Wanderverhalten weder nach dem Wechselschema der Lachsfarmer noch nach deren Chemikalien-Einsatz-Terminen orientiert. Und so infizieren sich die Buckellachse am zentralen Teil der Provinz British Columbia mittlerweile sehr häufig mit der gefährlichen Lachslaus.

Im offenen Meer sterben dann viele Lachse an ihren Parasiten und im kommenden Jahr erreichen deutlich weniger Fische die Flüsse als in den Vorjahren. Der Lachsmangel aber verschafft nicht nur den Grizzlys einen Bärenhunger, sondern kann bereits nach zehn Jahren den Bestand der Fische auf ein Prozent des Ausgangswertes drücken, zeigen die kanadischen Forscher mit Modellrechnungen.

Die Lachsfarmen wurden als Ursache der Infektion dingfest gemacht, als in einer Region die Buckellachsbestände bereits 2002 zusammen brachen. Als dort 2003 die Farmlachse entfernt wurden, sank die Zahl der Junglachse mit Lachsläusen, später kehrten deutlich mehr Lachse als vorher aus dem Meer in die Flüsse zurück. In den anderen Gebieten könnte der Zusammenbruch der Buckellachspopulationen dagegen bereits in vollem Gang sein, befürchten die Forscher in Kanada aufgrund ihrer Modellrechnungen.

Zur Originalnachricht auf welt.de





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