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Backenzähne wie ein Bolzenschneider

Meldung vom 19.01.2008 - Ausgestorbener Beutellöwe war eine effektive Tötungsmaschine

Ein Verwandter der niedlichen Koalabären war womöglich das gefährlichste Säugetier, das jemals auf der Erde lebte: Der gut hundert Kilogramm schwere, seit mindestens 10.000 Jahren ausgestorbene Beutellöwe Thylacoleo carnifex hätte auch den König der Tiere, den afrikanischen Löwen (Panthera leo), zerfleischt - wenn die beiden Räuber jemals aufeinander getroffen wären, meint der australische Biologe Stephen Wroe von der University of New South Wales.

Der Forscher untersuchte ein Skelett des australischen Raubtiers mit Hilfe der Computertomographie und entwickelte ein ausgeklügeltes dreidimensionales Computermodell. So wollte er herausfinden, wie Kiefer, Beißmuskulatur und Nackenmuskeln beim Beutefang zusammenwirkten. "Meine Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Beutellöwe eine einzigartige Tötungstechnik anwendete", sagt Wroe. "Er benutzte seine riesigen Reiß-Backenzähne, um große Wunden zu zu reißen und einen schnellen Tod seiner Beute herbeizuführen."

Afrikanische Löwen und andere Raubkatzen ersticken ihre Beute dagegen durch den Druck ihrer Kieferknochen – ein Vorgang, der bei großen Beutetieren schon mal eine Viertelstunde dauern kann. Ihre scharfen Zähne benutzen sie erst nach dem Tod der Beute, um das Fleisch abzutrennen. Wroes Studie zeigt, dass Beutellöwen zu einem längeren Würgebiss wohl nicht fähig waren. Sie besaßen aber verhältnismäßig starke Kiefermuskeln für ihre Größe und machten sich zudem die Hebelwirkung zunutze, um ihre Reißzähne tief ins Fleisch ihrer Opfer zu rammen – das dann schnell an Blutverlust zugrunde ging.

Andere Forscher hatten bislang Zweifel daran, dass Beutellöwen echte Raubtiere waren, da ihre Vorfahren entweder mit den Koalabären oder den Wombats verwandt waren – beides Pflanzenfresser. Wroe ist sich nun sicher, dass Thylacoleo carnifex nicht nur kleine Tiere jagte, sondern auch große, wehrhafte Beute überwältigen konnte. "Für das Erlegen kleiner Beutetiere waren die Muskeln überdimensioniert", meint der Biologe. Wäre der Beutellöwe nicht ausgestorben, hätte er einen berechtigten Anspruch auf den Titel "König der Tiere", so Wroe: "Ein Beutellöwe hätte einem gleichgroßen afrikanischen Löwen mit seinen messerscharfen Backenzähnen und seinen anderen mächtigen Waffen tödliche Wunden zufügen können."

Stephen Wroe (University of New South Wales): Journal of Zoology, OnlineEarly Articles,
doi:10.1111/j.1469-7998.2007.00389.x

wissenschaft.de - Ute Kehse



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