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Glück

Die Weltkarte des Glücks

Meldung vom 02.02.2008 - In den westlichen Industriestaaten sind die Menschen laut neuer Forschung am glücklichsten

Auch wenn es der bekannten Redensart widerspricht, Geld allein mache nicht glücklich, zeigt die Glücksforschung jetzt: Mit dem Wohlstand eines Landes steigt auch die Lebenszufriedenheit seiner Bevölkerung. Am glücklichsten sind die Menschen in den westlichen Industrienationen. Neben dem Reichtum bestimmen dabei vor allem die persönliche Freiheit und die Möglichkeit, sein Leben selbst zu gestalten, den Glücksquotienten der Menschen.

Die glücklichsten Menschen auf der Welt leben in Dänemark. Und in der Schweiz. Aber auch in Österreich, Island und den Bahamas herrscht allgemeine Zufriedenheit. Knapp dahinter, im oberen Mittelfeld des Glücksrankings, finden sich die USA und – trotz des dort häufig und laut geäußerten Unmuts – Deutschland wieder. Schlecht fühlen sich die Menschen hingegen in vielen Ländern Afrikas und in Russland, Weißrussland und der Ukraine.

"Die Bewohner der entwickelten Industrienationen sind die glücklichsten Kreaturen, die je über die Oberfläche dieses Planeten gewandelt sind", bringt es der amerikanische Historiker Darrin McMahon in der Februarausgabe der Zeitschrift "bild der wissenschaft" auf den Punkt. Er stützt diese Aussage auf die aktuelle Glücksforschung, die dank nie zuvor verfügbarer Datenmengen neue und zum Teil völlig unerwartete Ergebnisse hervorgebracht hat.

Dazu gehört vor allem die Überlegenheit der wohlhabenden Länder im Glücksranking. Eigentlich galt unter den Erforschern des Glücks nämlich die These, Geld mache nicht glücklich. Zurück geht diese Behauptung auf das Jahr 1974, als ein amerikanischer Wirtschaftswissenschaftler die Zufriedenheit der US-Bevölkerung untersuchte – und dabei entdeckte, dass die Menschen trotz eines dreimal so hohen Einkommens nicht glücklicher waren als nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs.

Später schienen auch andere Studien diesen Zusammenhang zu bestätigen und lieferten zudem Erklärungen für den fehlenden Glückszuwachs. Demnach ist die menschliche Psyche selbst Schuld daran – unter anderem, weil sie ständig den eigenen Status mit dem anderer vergleicht und nur dann zufrieden ist, wenn mindestens Gleichstand herrscht. Folglich muss jemand, der in einer insgesamt wohlhabenden Gesellschaft lebt, sehr viel Energie aufwenden, um andere zu überflügeln und auf diese Weise seine Zufriedenheit zu erhalten.

Zusätzlich gibt es eine Art psychohygienische Schutzvorrichtung, die starke emotionale Reaktionen dämpft, sei es nun übermäßige Freude oder überwältigender Kummer. Das hat laut einer Studie zum Beispiel zur Folge, dass sich Querschnittsgelähmte ein halbes Jahr nach ihrer Verletzung etwa genauso zufrieden fühlen wie Lottogewinner sechs Monate nach ihrem Gewinn.

Trotzdem lässt sich die Theorie heute nicht mehr uneingeschränkt halten. Dagegen sprechen beispielsweise Daten aus der "World Database of Happiness", die Ruut Veenhoven von der Universität Rotterdam aufgebaut hat und die im Moment 3.000 Studien aus 68 Ländern umfasst. Auch die Ergebnisse repräsentativer Umfragen aus insgesamt 91 Ländern, die zwei Drittel der Weltbevölkerung abdecken. Sie zeigen eindeutig: Mit dem Wohlstand steigt auch die Zufriedenheit der Bevölkerung. Am deutlichsten ist das in ärmeren Ländern zu sehen, aber auch in den Industrienationen ist der statistische Glücksquotient innerhalb der vergangenen 30 Jahre noch messbar angestiegen – was nicht hätte passieren dürfen, wäre lediglich der relative Wohlstand entscheidend, denn das Verhältnis zum Einkommen der Mitmenschen blieb meist ziemlich konstant.

Natürlich heißt das nicht unbedingt, dass es allein der Reichtum ist, der das Glückgefühl der Menschen steigert. Es könnten auch Erfahrungen und Bedingungen sein, die mit steigendem Wohlstand Einzug in das tägliche Leben halten. Einige dieser Faktoren lassen sich aus Veenhovens Datenbank herauslesen, berichtet "bild der wissenschaft". Freiheit gehört beispielsweise dazu, sowohl die persönliche als auch die wirtschaftliche. Auch Demokratie macht glücklich, ebenso wie ein interessanter, verantwortungsvoller Beruf, in dem man die Chance hat, viele Dinge selbst zu bestimmen. Und auch einfache Dinge steigern das persönliche Glück –Veenhoven hat etwa einen Zusammenhang zwischen der Lebenszufriedenheit und dem Genuss von einem bis zwei Gläsern Wein pro Tag in den Daten gefunden.

Noch eines kristallisiert sich immer klarer heraus: Glück ist nicht planbar. Selbst wenn die Menschen genau zu wissen meinen, was sie glücklich macht – haben sie das erst einmal erreicht, ist das Glücksgefühl allzu oft sehr viel weniger intensiv und dauerhaft, als sie es zuvor erwartet hatten. "Miswanting" nennen Glücksforscher dieses Phänomen. Es findet sich bei alltäglichen Erlebnissen wie dem Sieg der bevorzugten Fußballmannschaft ebenso wie bei den großen Wünschen im Leben, beispielsweise dem Verlangen nach einem Kind oder dem Wunsch, eine Ehe einzugehen. Ist der ersehnte Nachwuchs dann jedoch auf der Welt, verringert sich gleichzeitig in fast 80 Prozent der Fälle das Glück in der Partnerschaft, zeigt eine Studie der Universität Bozen. Und in einer Ehe sind wohl hauptsächlich die Menschen glücklich, die es schon vorher waren. Denn im Schnitt, das legen die Daten nahe, ist die Zufriedenheit Verheirateter schon wenige Jahre nach der Hochzeit wieder so, wie sie vor dem Schritt vor den Traualtar war.

Rolf Degen: "Zwei Gläser auf das Glück!"
bild der wissenschaft 02/2008, S. 20

wissenschaft.de - Ilka Lehnen-Beyel


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by Dr. Radut