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Sprache

Wenn Sprachen Töchter haben

Meldung vom 02.02.2008 - Entwicklung der Sprechweise findet nicht kontinuierlich statt, sondern in Schüben

Sprachen verändern sich nicht langsam und kontinuierlich, sondern abrupt zu bestimmten Ereignissen. Das haben Forscher um Quentin Atkinson von der Universität in Reading bei einer Analyse von Sprachstammbäumen herausgefunden. Am häufigsten entstehen Sprachentwicklungsschübe zu dem Zeitpunkt, an dem sich eine Tochtersprache von der Muttersprache abspaltet.

Theorien zur Sprachentwicklung gibt es zuhauf, unter anderem auch die der Entwicklung in Schüben. Doch bewiesen werden konnte bis jetzt keine. Atkinson, ein Evolutionsbiologe, tat sich deshalb mit dem Mathematiker Mark Pagel zusammen und betrachtete das Problem aus einer neuen Perspektive. Die Forscher wollten Stammbäume von drei großen Sprachfamilien berechnen, um zu sehen, welche Sprache von welcher abstammt und wo die Entwicklung von einzelnen Sprachen besonders schnell vonstatten ging. Dazu wählten sie die indoeuropäische, die Bantu- und die austronesische Sprachfamilie aus, zu denen insgesamt über ein Drittel aller Sprachen gehören.

Im nächsten Schritt konsultierten Atkinson und Pagel die sogenannten Swadesh-Listen, auf denen verwandte Wörter verschiedener Sprachen festgehalten werden. Die Forscher wählten von dieser Liste einige homologe Wörter aus, auf deren Basis sie die Stammbäume berechnen konnten. Homologe Wörter sind solche, die in der jeweiligen Sprache stark benutzt und selten von anderen Sprachen geliehen werden, aber trotzdem den Bezeichnungen für das gleiche Ding in verwandten Sprachen ähneln. Ein Beispiel für ein homologes Wort aus der indoeuropäischen Sprachfamilie wäre das Wort "Wasser" mit englisch "water", hethitisch "watar" und russisch "voda".

Von den so errechneten Stammbäumen konnten die Wissenschaftler ablesen, welche Sprachen alt und welche neu sind und von welchen Sprachen sich Tochtersprachen abgespaltet haben. Englisch zum Beispiel entwickelte sich aus dem Germanischen, als die Angeln die Insel besiedelten. Die Forscher stellten ebenfalls fest, dass sich Sprachen mit vielen Verzweigungspunkten, also vielen Tochtersprachen, schneller verändern als andere. Die Veränderung ist dabei nach einem Verzweigungspunkt immer besonders intensiv und verliert an Geschwindigkeit, je länger die Abspaltung her ist. So schätzen Atkinson und Pagel, dass 31 Prozent aller Unterschiede im Wortschatz der Bantusprachen und 21 Prozent in der indoeuropäischen Sprachfamilie nach einem Abspaltungsereignis zustande kamen.

Nature, Onlinedienst, DOI: 10.1038/news.2008.547

Quentin Atkinson (Universität Reading) et al.: Science, Bd. 319, S. 588

wissenschaft.de – Livia Rasche

Auf den "Bananenbräuner" nur mit "Pornobalken"

Meldung vom 06.12.2007 - Das ist abartig strange: Nachdem der Langenscheidt-Verlag bereits geholfen hat, Frauen zu verstehen, wagt sich der Wörterbuch-Mogul nun an die Jugendlichen. Für „Hä?? – Jugendsprache unplugged" haben die Autoren in Klassenräumen recherchiert und fanden "Blechpickel" und "No goes".

Sagen Sie etwa noch "Sixpack" zu einer Sechserpackung Bier? Dann sind Sie entweder total uncool – oder Amerikaner! Denn in den USA benutzen Jugendliche noch diesen Ausdruck, während hierzulande junge Leute von einer „Herrenhandtasche“ sprechen. So heißt es jedenfalls in einem neuen Buch des Langenscheidt-Verlages, "Hä?? - Jugendsprache unplugged". Dort finden sich nicht nur deutsche Redewendungen, sondern auch ihre englischen, französischen, spanischen und italienischen Übersetzungen.

Rund 450 Begriffe haben die Autoren in Schulklassen sowie über ein Internet-Gewinnspiel gesammelt. Einige Ausdrücke sind schon so bekannt, dass sie bereits in den normalen Sprachgebrauch übergegangen sind, zum Beispiel "No go" als Ding der Unmöglichkeit oder "spachteln" - essen. Bei anderen lässt sich die Bedeutung unschwer erkennen: "Dönern" heißt einen Döner verzehren, die "Erzeugerfraktion" sind Eltern.

Was aber könnte ein "Asselanzug" sein oder ein "Popelstopper"? Gemeint sind ein Trainingsanzug beziehungsweise ein Schnurrbart. Bei "Beraterpommes" handelt es sich um Sushi - dafür gibt es übrigens nur im Deutschen einen Slangausdruck, in den übrigen Sprachen bleibt man bei "Sushi".

Viele Begriffe sind Bilder: "Knochenschleuder" bedeutet dünner Mensch, "Himmelhenne" Nonne, "Teppichporsche" kleiner Hund, "Intelligenzallergiker" Dummkopf, "Saftschubse" Stewardess oder "Bananenbräuner" FKK-Strand. Zahlreiche Ausdrücke kennt die Jugendsprache für das Wort "sehr". Dies reicht von abartig und bock - "Dein Blechpickel (Piercing) ist bock toll" - über "volle Knäcke" und "oz" bis "übelst".

In anderen Fällen hat sich die Bedeutung eines Begriffs komplett verändert. "Leimen"' beispielsweise heißt nicht länger jemanden betrügen, sondern entspannen. Und mit "keine Hobbys haben" ist gemeint: Hast Du nichts zu tun? "Knut" bedeutet schlecht und "ownen" besiegen. Überhaupt macht die Jugendsprache viele Anleihen im Englischen: "Addy" (E-Mail-Adresse), "strange" (verrückt) oder "wayne" (egal).

Und übrigens: Cool ist schon lange nicht mehr cool. Dazu sagen Jugendliche heute "abgespaced", "groovy", "buffig", "king" - oder ganz einfach "lässig".

Zur Originalnachricht auf welt.de



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